Bei der Integration geht es um eine Vorstellung, wie die Gesellschaft sein sollte. Dabei wird oftmals von einer homogenen Bevölkerung ausgegangen, bei der alle Mitglieder dieselben Wertvorstellungen teilen. Integration bedeutet gemäss Duden die „(Wieder)herstellung einer Einheit“. Wie in einem Tessellat-Mosaik - einer Kunsttechnik, die gleichförmig zugeschnittene Steinchen verwendet – hat es zwar für jede*n (der oder die «berechtigt ist» hier zu sein) einen Platz. Verschiedenfarbige Steine sind willkommen und dürfen am Ganzen teilhaben, wenn sie bloss die richtige Form annehmen. Um sich diesen Platz zu verdienen und als zugehörig behandelt zu werden, müssen sie sich in die Einheit einfügen, also bestimmte Bedingungen erfüllen und die vorgegebene Form annehmen. So bedeutet Integration, sich anzugleichen, bis man in die vermeintliche Einheit reinpasst. Damit verbunden ist oftmals auch das Aufgeben von Eigenheiten. Die eigene Kultur, Religion oder Lebensform bleiben, wenn man als integriert gelten will, besser im privaten Raum (vgl. Mark Terkessidis, Interkultur, Berlin 2015, S. 50ff). Sich an die Wertvorstellungen der Schweizer*innen anzupassen, ergibt sich als äusserst schwierig, wenn man einsieht, dass diese keinesfalls auf einen Nenner gebracht werden können. Auch Schweizer*innen gleichen sich nicht wie ein zugeschnittenes Mosaikstück dem anderen.
An Migrant*innen wird also der Anspruch gestellt, sich den angeblich gesamtschweizerischen Wertvorstellungen anzupassen. Egal, wie viele Sprachen ein*e Migrant*in spricht oder welche Geschichten und Erfahrungen, Qualitäten und Diplome sie oder er mitbringt. Diese haben in den Augen derjenigen, die auf Integration pochen ohne ihren Anteil zu leisten, keinen Wert mehr. Es zählt einzig die am jeweiligen Wohnort gesprochene Sprache und die hier erbrachten Leistungen (vgl. Regina Mikula u.a., Anerkennung und Migration. Zur Anerkennung und Partizipation von Migrant_innen. Ein Beitrag zur Verflüssigung von stereotypen Ausgrenzungsmustern, Graz 2017, S. 6f.). Die Daseinsberechtigung einer Person hängt nach dieser Sicht von dessen erfolgreicher Integration ab. Obwohl es sich, wie oben erwähnt, bei der Integration um einen gemeinsamen Prozess handeln sollte, der die Offenheit der einheimischen Bevölkerung voraussetzt, werden konkrete Anforderungen in der Regel nur an die Migrant*innen gestellt (vgl. Carola Kuhlmann u.a., Soziale Inklusion. Theorien, Methoden, Kontroversen, Stuttgart 2018, S. 86).